
Projektwerkstatt statt Gleichschritt im Unterricht
Mehr Eigenverantwortung im Unterricht durch gezielte Projektarbeit
Klassischer Unterricht folgt meist einer vertrauten Choreografie: Lehrkräfte stellen Aufgaben, die Lernende bearbeiten. Ganz im Sinne der 7-G-Prinzipien sollen sie zur gleichen Zeit, am gleichen Ort, mit gleichen Mitteln möglichst gleiche Ergebnisse erzielen.
Doch wie viel Raum bleibt dabei für eigenverantwortliches Handeln? Wenn Aufgaben, Wege und Ziele bereits vorgegeben sind, ist das Ergebnis oft vor allem eines: vorhersehbar. Der radikale Gegenentwurf wäre ein Unterricht ganz ohne Vorgaben. Doch völlige Offenheit erzeugt Ziellosigkeit. Und auch die ist selten ein guter Nährboden für produktives Lernen.

Die Idee der Projektwerkstatt
Als Antwort auf dieses Spannungsverhältnis entstand in den vergangenen Jahren ein Unterrichtsansatz, den ich Projektwerkstatt nenne. Lernende arbeiten in neigungsdifferenzierten Kleingruppen über acht Wochen an einem selbstgewählten Thema und dies möglichst eigenständig, mit maximaler Verantwortung für ihr Lernen.
Den Auftakt in die Projektwerkstatt bildet ein Unterrichtsgespräch, in dem Lernende auf Basis einer offenen Frage Projektideen entwickeln, idealiter in Anbindung an einen curricularen Gegenstand. Im nächsten Schritt folgt die neigungsdifferenzierte Gruppenbildung. Die Lernenden entscheiden sich für ein Thema und schließen sich in Teams von zwei bis vier Personen zusammen. Sie wählen einen Gruppennamen, definieren ihr Zielergebnis und legen fest, wie sie Spaß an der Zusammenarbeit definieren. Sie reflektieren also nicht nur die inhaltliche Dimension, sondern auch die Art der Zusammenarbeit. Diese metakognitive Reflexion stärkt nachhaltig Gruppenzusammenhalt, Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung und gibt die Marschrichtung für die kommenden Wochen vor.
Die Arbeit innerhalb der Gruppen orientiert sich an Prinzipien des agilen Projektmanagements. Jede Stunde beginnt mit einem kurzen Check-in: Wo stehen wir? Was steht an? Wer übernimmt welche Aufgabe? Anschließend folgt die Arbeitsphase, in der die Lernenden ausgewählte Aufgaben eigenverantwortlich bearbeiten. Am Ende jeder Stunde werden Ergebnisse gegenseitig vorgestellt und neue Aufgaben gesichtet. Spezielle Handreichungen führen sie dabei durch jede Stunde.



Der Umgang mit Unsicherheit
Eine Herausforderung stellt der Umgang mit Unsicherheit dar: Lernende tendieren dazu, Verantwortung in Form von Fragen an die Lehrkraft zurückzugeben. Die Versuchung, schnelle Antworten zu geben, ist groß. Gerade hier empfiehlt es sich, zu spiegeln: „Was meinst du?“ Dies leitet an, Argumente abzuwägen und eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen.
Den Abschluss der Projektwerkstatt bildet die Präsentationsphase, die ebenso Gestaltungsspielräume bietet: Neben klassischen Vorträgen entstehen multimediale Präsentationen, Lernvideos, selbsterstellte Webseiten, Broschüren, Kurzfilme, Interviews sowie Hospitationen mit Erfahrungsberichten. Das Ziel bleibt dabei stets, Ergebnisse zu schaffen, die für die anderen informativ und verständlich sind. Zusätzlich zum Fachinhalt erwerben die Lernenden ganz nebenbei weitere Fähigkeiten wie Videoschnitt oder Falttechniken für Broschüren.
Die Freiheit, die Lernende in der Projektwerkstatt erhalten, schließt auch das Recht ein, Fehler zu machen und aus diesen zu lernen. Für Lehrkräfte bedeutet das, Kontrolle bewusst abzugeben. Das erfordert pädagogischen Mut und professionelles Vertrauen in den Lernprozess. Zu diesem Mut möchte ich Sie ausdrücklich einladen. Es lohnt sich. Für Sie und Ihre Lerngruppe.
Ausgewählte Arbeitsblätter zum Download. Probier es doch einfach mal aus!